Am nächsten Morgen findet Kaspar das Schachbrett unverändert vor. Doch irgend etwas ist anders. Die Figuren stehen noch wie beim Matt – bis auf den schwarzen König. Er ist verschwunden. Kaspar sucht das ganze Zimmer ab. Unter den Büchern, in den Schubladen, sogar im Kamin. Nichts. Der König ist weg.
Erinnert ihr Euch noch an den ersten Teil?
Wenn nicht, hier noch einmal zum Nachlesen
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Der König ist verschwunden |
Er bleibt verschwunden. Er zuckt die Schultern. Vielleicht ist er im Halbschlaf herunter gefallen. Vielleicht...
aber tief drinnen weiss er:
Der Gegner ist immer noch da.
In den folgenden Nächten kehrt der König zurück. Immer an einer anderen Stelle. Auf dem Bücherregal. Neben dem Wecker. Einmal sogar auf seinem Kopfkissen.
Doch das ist nicht das Beunruhigendste. Nein – das Beunruhigendste ist das neue Spiel, das sich auf dem Brett entwickelt. Jeden Morgen ist ein neuer Zug gemacht. Immer mit Schwarz. Immer von ihm.
Kaspar kann - wie jeder Schachspieler - nicht anders. Er spielt mit. Weiss gegen Schwarz. Mensch gegen Schatten. Erinnerung gegen Vergessen. Die Partien werden härter. Tiefgründiger. Es ist kein blosses Spiel mehr – es wird zu einem Dialog, geführt auf den 64 Feldern. Ein Streit zwischen dem, was war, und dem, was kommen sollte.
Teil III: Endspiel
In einer besonders stürmischen Nacht schlägt der Wind gegen das Fenster. Blätter tanzen auf dem Fenstersims, und das Licht flackert. Kaspar sitzt am Brett. Die Partie ist schon fast vorbei. Beide Seiten haben nur noch wenige Figuren. Die Spannung liegt in der Luft wie ein Nebel. Dann geschieht es. Die schwarze Dame bewegt sich – von selbst. Kaspar starrt auf das Feld d1. Schach.
Er fühlt etwas in seiner Brust. Ein Druck. Kein Schmerz, eher... Gewicht. «Warum spielst du noch immer?» fragt er laut in die Dunkelheit. Die Antwort kommt nicht in Worten, sondern in einem Bild in seinem Kopf – ein Kind, das zum ersten Mal Schach lernt. Seine eigene Erinnerung. Er selbst mit acht Jahren, sein Vater neben ihm, wie immer sehr geduldig.Und Kaspar versteht es!
Dieses Spiel ist keine Rache. Kein Spuk. Es gehört zu einem Ritual. Ein letztes Kapitel in seiner Geschichte. Der Gegner ist kein anderer als er selbst – sein früheres Ich, sein Ehrgeiz, seine Vergangenheit. Und jetzt fordert sie ihn heraus. Ein letztes Mal. Mit ruhiger Hand setzt Kaspar den weissen König um ein Feld weiter – in die unvermeidliche aber gewünschte Niederlage. - Schach-Matt
Epilog
Am nächsten Morgen findet die Nachbarin Kaspar schlafend in seinem Sessel. Friedlich. Das Schachbrett ist leer. Keine Figuren mehr. Nur ein einzelnes Feld ist markiert – e4, der erste Zug. Auf dem Tisch liegt ein Zettel:
«Ich habe verloren – und doch gewonnen. Denn das Spiel lebt weiter, solange es jemand spielt.»
– K.
Geschichte und Illustration: ChatGPT/Redaktion